Mit Menschen mit Behinderung so normal wie möglich umgehen

Unter Palmen ließen es sich die Teilnehmer der Mallorca-Reise der Lebenshilfe um den Betreuer Holger Luik (zweiter von links) gut gehen. Foto: Lebenshilfe Foto: Schwarzwälder-Bote

Nagold. „Dabei sein ist alles“ ist keinesfalls eine abgedroschene Binsenweisheit, sondern Heike Adebahr-Röhrles Motto für moderne Inklusion. Die Erzieherin der Lebens­hilfe berichtet leidenschaftlich, wie sie diese Devise nun schon zum zweiten Mal mit einer Mallorca-Reise für Menschen mit Behinderung in die Tat umsetzt.

Abends mitten im Geschehen in der Diskothek „Bierkönig“

Nachdem Adebahr-Röhrle bei einem Konzert der Schlagersängerin Andrea Berg die Begeisterung ihrer Schützlinge für Schlagermusik erkannt hatte, beschloss sie vergangenes Jahr kurzerhand, mit ihnen in die Schlagerhochburg zu reisen: nach Mallorca.

Das klingt nicht wie ein typisches Ziel für eine Gruppenreise mit Menschen mit Behinderung, doch Adebahr-Röhrle ist anderer Meinung: „Man muss mit Menschen mit Behinderung so normal wie möglich umgehen“, bekräftigt sie.

Für vier der fünf Teilnehmer begann ein Höhepunkt schon am Flughafen: Für sie war der Flug auf die spanische Partyinsel der erste in ihrem Leben. Ein unvergessliches Erlebnis. Genau das sei auch ein Ziel der Freizeit: den Teilnehmern einen unvergesslichen Urlaub zu ermöglichen.

Dafür haben sich die Erzieherin und ihr ehrenamtlicher Begleiter ein vielfältiges Programm ausgedacht: Vormittags erkundete die Gruppe gemeinsam die Insel, besichtigte Palma und bummelte durch die Souvenirshops entlang der Strandpromenade. Die Mittage wurden am Pool oder am Strand verbracht. Abends, wenn die Insel zum Leben erwacht, war die Gruppe der Lebenshilfe mitten im Geschehen. In der Großraumdiskothek „Bierkönig“ trafen die Freizeitteilnehmer bei einem Konzert auf die Schlagersänger Micky Krause und Schäfer Heinrich. Die Lieder sind bekannt, alle sangen textsicher mit.

Andere Mallorca-Touristen wurden auf die fröhliche Stimmung der Nagolder aufmerksam. „Das Feedback auf unsere Gruppe war sehr positiv“, schwärmt die Betreuerin. „Viele haben mich angesprochen und unsere Arbeit gelobt.“

Ab diesem Jahr werden Reiseziele in eigenem Freizeitheft vorgestellt

Der gemeinsame Spaß sei auch für sie selbst das beste an der Reise gewesen, erzählt Adebahr-Röhrle. Bereits auf dem Rückflug nach Deutschland fasste sie den Entschluss, im kommenden Jahr nochmal eine Freizeit nach Mallorca zu organisieren. Also wird am Mittwoch, 20. September, erneut ein Flugzeug mit fünf Schlagerbegeisterten der Lebenshilfe Nagold an Bord die Ferieninsel ansteuern.

Die Mallorca-Freizeit ist aber lediglich eins der Reiseangebote der Nagolder Lebenshilfe. Von Hamburg über Italien bis Tschechien können Interessierte insgesamt zwischen zehn verschiedenen Zielen auswählen, die ab diesem Jahr sogar in einem eigenen Freizeitheft zusammengefasst werden.

Eine neue Idee der Lebenshilfe ist das Model „Urlaub ohne Koffer“. Damit solle durch Tagesausflüge auch denjenigen ein Urlaubgefühl gegeben werden, die abends gerne wieder im eigenen Bett sein möchten, erklärt Adebahr-Röhrle. Um den Ansprüchen von Menschen mit schwerer Behinderung gerecht zu werden und ihnen trotzdem das Reisen zu ermöglichen, hat die Lebenshilfe dieses Jahr eine zusätzliche Fachkraft für Pflege und Touristik eingestellt. Simona Thiele hilft tatkräftig bei der Organisation und leitet die anderen Freizeitbegleiter zur richtigen Hilfestellung bei Pflegefällen an.